30 Jahre Wirtschafts- und Währungsunion: Erfolge und Fehler. Praktiker*innen und Berater*innen des Wirtschaftsumbaus ziehen Bilanz
event 22.10.2020 place Zeitgeschichtliches Forum Leipzig, Grimmaische Straße 6, 04109 Leipzig
access_time 19:00 Uhr
ZFL © Jutta Günther
Die öffentliche Debatte in Deutschland zur Wirtschaftstransformation konzentriert sich oft auf die Treuhandanstalt. Die für die Privatisierung des DDR-Volkseigentums zuständige Behörde agierte jedoch nicht allein oder im luftleeren Raum, sondern auf institutioneller Basis und in vielfältigen Beziehungsgeflechten. Grundlegende Akteur*innen und Konzepte geraten häufig aus dem Blick, obwohl sie für eine Einschätzung und Bewertung der damaligen Prozesse wesentlich sind.
Die Podiumsdiskussion widmet sich daher der Frage nach den politischen Strategien und Praktiken, mit denen die Zentrale Verwaltungswirtschaft der DDR binnen kürzester Zeit in eine Marktwirtschaft umgewandelt wurde. An den Ereignissen beteiligte Zeitzeug*innen blicken auf die Entscheidungen und Maßnahmen des Wirtschaftsumbaus zurück, bewerten, diskutieren und richten den Blick auch in die Zukunft.
Das Podium ist besetzt mit Politiker*innen und (Wirtschafts-)Wissenschaftler*innen aus Ost und West, die zu unterschiedlichen Zeiten und an verschiedenen Orten, mit alternativen Positionen und Erfahrungshintergründen den Prozess begleiteten oder mitgestalteten.
Christa Luft war Wirtschaftsministerin in der ersten Nach-Wende-(Modrow-)-Regierung der DDR und von 1994-2002 direkt gewählte Abgeordnete des Deutschen Bundestages. Sie wirkte im Haushalts- und im Wirtschaftsausschuss. Damals wie heute kritisiert sie den bundesdeutschen Weg in die Einheit.
Johannes Ludewig gehörte als Spitzenbeamter im Kanzleramt und als „Ostbeauftragter“ der Bundesregierung zum engsten Kreis derjenigen, die das Programm „Wirtschafts- und Währungsunion“ diskutierten und feder-führend in reale Politik umsetzten. 2015 veröffentlichte er das Buch „Unternehmen Wiedervereinigung. Von Planern, Machern und Visionären“.
Udo Ludwig, der als Ökonom an der Akademie der Wissenschaften in der DDR gearbeitet hatte, untersuchte den Transformationsprozess unmittelbar in seiner Forschungstätigkeit am Institut für Wirtschaftsforschung in Halle (IWH). Er war Leiter der Abteilung „Makroökonomik“ am IWH und über viele Jahre als Mitglied der „Gemeinschaftsdiagnose“ Berater der Bundes-regierung.
Rudolf Hickel ist Finanzökonom und Mitbegründer der Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik. Er setzt sich seit 1990 intensiv für eine sozial und ökologisch gestalte Transformation auch als Schlichter für den Pilotabschluss der Metall- und Elektroindustrie Sachsen 1993 ein. Das mit Jan Priewe veröffentlichte Buch „Preis der Einheit“ (1992) wurde auch in Korea publiziert.
Die Begrüßung erfolgt durch die Leiterin des Forschungsverbundes „Modernisierungsblockaden in Wirtschaft und Wissenschaft der DDR“, Jutta Günther, und die Direktorin des ZFL, Uta Bretschneider.
Die Veranstaltung findet in Kooperation mit dem MDR statt. Moderation: Ine Dippmann